Altersmedizin-Kongress in Frankfurt: „Wir Geriater müssen uns jetzt um unseren Nachwuchs kümmern“ (DGG)

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Der Countdown läuft: Bis zum Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) in Frankfurt am Main sind es nur noch wenige Wochen. Unter dem Motto „Geriatrie – jung und grenzenlos“ findet der Kongress vom 5. bis 7. September auf dem Campus Westend der Universität Frankfurt statt. Auch seine Aufmerksamkeit gilt gerade ganz den letzten Vorbereitungen: Kongress-Präsident Professor Hans Jürgen Heppner (Foto), Chefarzt der Klinik für Geriatrie am HELIOS Klinikum Schwelm und Inhaber des Lehrstuhls für Geriatrie der Universität Witten/Herdecke. Er verrät uns im Interview, welche spannenden und erstmaligen Neuerungen es im Kongressprogramm gibt, wie hoch die Qualität der eingereichten Abstracts und Poster ist und welche hochkarätigen Keynote-Speaker die Teilnehmer erwarten können.

Herr Professor Heppner, auf welche Highlights können wir uns beim DGG-Kongress in Frankfurt freuen?

Spannende Programmhöhepunkte gibt es einige. Wir haben in diesem Jahr erstmalig ein Gastland eingeladen. Das gab es bisher noch nicht. Auch in Zukunft wollen wir im Rahmen der Netzwerkbildung ein Land für unsere Jahreskongresse gewinnen, das entweder große Unterstützung in der Geriatrie braucht oder uns schon voraus ist, sodass wir von ihm lernen können. In diesem Jahr haben wir die Schweiz unter dem Aspekt der Nachwuchsgewinnung und -förderung eingeladen. Wie unser diesjähriges Motto ja schon sagt: Die Geriatrie soll jung bleiben! Wenn wir jetzt nicht den Nachwuchs fördern, werden wir in fünf Jahren das gleiche Problem haben, wie alle anderen medizinischen Bereiche: Den Fachkräftemangel. Wir Geriater müssen uns jetzt um unseren Nachwuchs kümmern!

Wie kamen Sie auf das Kongressmotto „Geriatrie – jung und grenzenlos“?

Es ist in Deutschland wirklich schwierig, junge Ärztinnen und Ärzte für die Geriatrie zu gewinnen. Wenn ich versuche, bei der Neubesetzung einer Führungsposition zu unterstützen, treffe ich am Ende immer auf Kollegen, mit denen ich schon viele Jahre in Kontakt bin. Das ist problematisch! Wir müssen jetzt eine Offensive starten, um junge Leute für das Fach zu begeistern. Und das will ich mit dem Kongressmotto verdeutlichen. Wir haben dazu einige Studenten zum Kongress eingeladen und sind gespannt auf den Input der Schweizer, die mit ihrem Programm „Geriatrics for you“ schon einen ganz neuen Weg gegangen sind. Es wird spannend für uns zu hören, wie Nachwuchsarbeit in der Schweiz umgesetzt wird, wo es schon jetzt wesentlich mehr jüngere Geriater gibt als bei uns.

Welche thematischen Schwerpunkte wird es darüber hinaus geben?

Die Physiologie und Biologie des Alterns sind dieses Jahr weitere Schwerunkte. Wir beschäftigen uns auch fachübergreifend mit den Neurologen, Traumatologen und Kardiologen. Unser Ziel ist es, beim Kongress befreundete Fachgesellschaften und ihre Expertise mehr einzubinden. Deshalb wird es einige gemeinsame Symposien geben, in denen Themen nicht nur aus geriatrischen, sondern auch aus kardiologischen, traumatologischen oder eben neurologischen Gesichtspunkten heraus beleuchtet werden. Auch unser praktischer Dysphagie-Workshop findet in Zusammenarbeit mit den Neurologen statt. Hier wird in Kleingruppen sehr praxisnah gearbeitet. Mit den Workshops wollen wir jungen Geriatern das Handwerkszeug für den Job mit an die Hand geben. Außerdem haben wir ein neues Ausbildungscurriculum entwickelt, das wir in Frankfurt erstmals vorstellen.

Welche Rolle spielt neben den Ausbildungsthemen auch die Leitlinienarbeit?

Das ist ein enorm wichtiger Punkt. Ich freue mich darauf, dass die Vertreter der AWMF, also der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, am Kongress-Freitag ein Symposium zu Leitlinien in der Geriatrie halten. Sie werden erläutern, wozu Leitlinien notwendig sind und weshalb die AWMF unsere Mitarbeit und Unterstützung benötigt und was wir Geriater mit unserer Expertise erreichen können.

Nun ist das Kongresspublikum bunt gemischt. Wie bekommen Sie Ärzte, Pfleger und auch Sozialarbeiter unter einen Hut?

Mit unserem interdisziplinären Kongressprogramm bieten wir wirklich für jede Zielgruppe spannende und hochwertige Veranstaltungen an. Nur ein paar Beispiel für Pflegende: Die Schmerztherapie hat einige pflegerelevante Themen in den freien Vorträgen zu bieten. Auch zur Versorgungs- und Pflegeforschung gibt es spannenden Input. Einige Workshops zur Dysphagie und Logopädie können für Pfleger ebenfalls interessant sein. Die Zielgruppe des Kongresses sind jedoch primär Ärzte.

Welche Impulse erwarten Sie sich von den Keynote-Vorträgen?

Ich wünsche mir natürlich, dass die Keynote-Vorträge zu einer regen Diskussion unter den Teilnehmer führen. Jeder sollte sich für seine eigene Arbeit die wichtigsten Ideen herausziehen. Wir haben dieses Jahr wieder ausgezeichnete Speaker verpflichten können, die die Geriatrie mit ihren Forschungen ein ganzes Stück vorantreiben.

Jetzt sind wir gespannt: Welche namhaften Speaker und Schwerpunktthemen können wir beim Frankfurter Kongress erwarten?

Ich freue mich auf drei wirklich hochkarätige und angesehene Kollegen. Beziehungsweise einer Kollegin: Dr. Annette Ciurea, Leitende Ärztin an der Universitären Klinik für Akutgeriatrie im Stadtspital Waid in Zürich, setzt sich mit der Sexualität im Alter und damit eben auch in der Altersmedizin auseinander. Unser Gastland, die Schweiz, wird vertreten durch Privatdozent Dr. med. Thomas Münzer. Er ist Chefarzt der Geriatrischen Klinik St. Gallen und Vorstandsmitglied der Schweizerischen Fachgesellschaft für Geriatrie. Er wird über die junge Geriatrie in der Schweiz sprechen und dabei die unterschiedlichen Ansätze in der Ausbildung, der Professionalisierung des Fachgebietes und der Nachwuchsförderung im Vergleich zu Deutschland herausstellen. Der Dritte im Bunde ist Professor Dr. Christoph Englert vom Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut in Jena. Er beleuchtet Möglichkeiten und Grenzen der Alternsforschung und wird aufzeigen, was die Altersmedizin von den Fischen lernen kann.

Neben den großen Lectures spielen auch die anderen Symposien eine wichtige Rolle. Welche Qualität haben die eingereichten Abstracts und Poster?

Die Qualität ist wirklich durchweg sehr hoch. Außerdem sind in diesem Jahr so viele Abstracts und Poster eingegangen, dass wir unser Zeitkonzept für die Vortragsreihen etwas umstellen mussten. Jetzt können wir allen vielversprechenden Vorträgen eine Plattform bieten. Es sind hochinteressante Themen dabei, die vom einfachen Versorgungsleben bis hin zu hochtechnischen, neuromolekularen Fragestellungen reichen.

Und wie sieht dieses neue Konzept genau aus?

Im Vergleich zu den Vorjahren haben wir eine Keynote-Lecture weniger im Programm, aber immer noch eine an jedem Tag. In der gesparten Zeit finden stattdessen freie Vorträge statt, die wir thematisch etwas zusammengefasst haben. Junge Kolleginnen und Kollegen halten zehnminütige Kurzvorträge, die von einem erfahrenen Geriater oder Fachexperten moderiert werden. Im Anschluss findet eine Diskussion statt, damit am Ende alle mit neuen Impulsen und Ideen versorgt sind.

Welche Rolle spielen politische Entwicklungen auf dem Geriatrie-Kongress?

Den Geriatrie-Kongress sehe ich in erster Linie als medizinischen Fachkongress. Es geht um eine bessere Versorgungsstruktur in der Geriatrie und aktuelle Forschung. Die Politik hat aber natürlich auch ihren Platz. Unser wichtigster Partner ist dabei weiterhin der Bundesverband Geriatrie. In einer gemeinsamen Sitzung werden wir über hochbrisante Themen diskutieren, wie Pflegeuntergrenzen, Personalstruktur oder Fachkräftemangel. Die Veranstaltung ist für alle Kongressbesucher offen. Außerdem hoffen wir auf die Teilnahme einiger kassenärztlicher Vertreter, die mit uns und dem Bundesverband gemeinsam über die Weiterentwicklung der Geriatrie und die Ziele in der altersmedizinischen Versorgung diskutieren.

Welche Rolle spielen bei dieser Weiterentwicklung und auch bei der Kongressvorbereitung die Arbeitsgruppen der DGG?

Die Arbeitsgruppen unserer Gesellschaft spielen natürlich wie immer eine große Rolle – in beiden Bereichen. Viele Experten aus den Arbeitsgruppen sind in weiteren Gremien aktiv, um das Fach Geriatrie weiter voranzubringen. Und für den Kongress haben die AG-Vertreter zahlreiche Symposien eingereicht. Einige haben inzwischen auch größere Forschungsanträge gestellt, beispielsweise in der Neurologie- oder der Anämie-Forschung. Unsere Arbeitsgruppen sind sehr fleißig, was die wissenschaftliche Aufarbeitung ihres Fachgebiets angeht. Aber es gibt natürlich immer Luft nach oben.

Wie können Teilnehmer vor Ort am besten mit den Arbeitsgruppen der DGG in Kontakt kommen?

Die Sitzungen der Arbeitsgruppen sind komplett frei zugänglich. Die Daten stehen für alle Interessierten im Programm. Auch wer kein aktives DGG-Mitglied ist, kann an der Sitzung teilnehmen, zuhören oder sich mit eigenen Ideen einbringen – und dann vielleicht entscheiden: Hier gefällt es mir, hier arbeite ich weiter mit.

Das dreitägige Programm ist gut gefüllt. Warum lohnt sich die Reise zum Kongress auch für Kurzentschlossene oder Kurzzeitteilnehmer?

Wer von Donnerstag bis Samstag dabei ist, bekommt natürlich ein wirklich umfassendes Angebot. Es lohnt sich aber definitiv auch, für einen einzelnen Tag nach Frankfurt zu kommen! Wir wissen, dass viele beruflich sehr stark eingespannt sind. Aber genau das macht den Kongress umso wertvoller, denn hier gibt es das neueste Wissen wirklich kompakt und konzentriert auf den Punkt zusammengestellt. Das spart gegenüber dem Selbststudium viel Zeit. Das Programm ist nicht nur sehr vielfältig, siebzig bis achtzig Prozent unserer Themen sind zudem direkt relevant für die Praxis. Es geht um hochspannende Inhalte, die jeder in seinen Arbeitsalltag integrieren kann!

Und worauf freuen Sie sich persönlich als erfahrener Geriater beim Kongress am meisten?

Ganz ehrlich? Ich freue mich am meisten auf die große Eröffnung. Es wird definitiv keine drögen Grußworte geben, sondern eine Gemeinschaftsveranstaltung, um zu zeigen: Wir wollen neue Wege gehen! Wir wollen aktuelle Herausforderungen anpacken! Und natürlich wünsche ich mir, dass es auf den Gängen wuselt wie in einer Fußgängerzone, sodass sich Teilnehmer begegnen, viele Gespräche stattfinden und die jungen Geriater uns alten Hasen ein Loch in den Bauch fragen! Geriatrie soll jung und grenzenlos sein, das wollen wir beim diesjährigen Kongress vorleben!

Jetzt anmelden:
Sämtliche Informationen zum Kongress der DGG und zur Anmeldung gibt es auf der Kongress-Website: www.geriatrie-kongress.de