Jena. Mit fortschreitendem Alter treten vermehrt neurodegenerative Erkrankungen auf, die in der Regel immense Kosten für langanhaltende Behandlungen oder eine spezielle Pflege verursachen. Gerade vor dem Hintergrund einer immer älter werdenden Bevölkerung ein Problem, dass nicht nur für die Patienten und Familien, sondern auch für die Gesellschaft enorm wichtig ist.
Die Forschungsgruppe Morrison am Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) identifizierte in mehreren Projekten Zytokine, die wahrscheinlich eine Rolle bei der peripheren Nervenalterung spielen.
Um diesen Zusammenhang zwischen verschiedenen im Blutkreislauf zirkulierenden Faktoren und der Nervenalterung näher zu untersuchen sowie gezielt Experimente mit Nerven- und Nichtnervenzellen durchführen zu können, bewarben sich Dario-Lucas Helbing und Leopold Böhm, Doktoranden der Medizin in der Forschungsgruppe Morrison, mit ihrer Projektidee bei einer internationalen Ausschreibung um den „Immuno Tools Award 2018“ der Firma ImmunoTools.
Die Preisträger
„Wir sind total glücklich, dass wir zu den diesjährigen Preisträgern gehören und unsere Projektidee ausgewählt wurde“, berichtet Dario-Lucas Helbing stolz. Zusammen mit seinem Kollegen Leopold Böhm hat er erst kürzlich den Masterstudiengang „Molekulare Medizin“ für Medizinstudenten der Friedrich-Schiller-Universität Jena begonnen, der beiden nicht nur die Möglichkeit zur Promotion bietet, sondern auch ihre Position im wissenschaftlichen Wettbewerb verbessert. Mit den zur Verfügung gestellten ImmunoTools-Produkten wollen sich die beiden Medizinstudenten im Rahmen ihrer Promotion nun besonders auf das alternde Nervensystem konzentrieren und die Interaktion von Zellen des Nervensystems und die Folgen von Fehlanpassungen in der zellulären Kommunikation während des Alterns genauer untersuchen.
Die Projektidee
„Wir wissen bereits, dass bei alternden Nerven chronische Entzündungen auftreten können, die die Nervenregeneration beeinträchtigen,“ erläutert Leopold Böhm. Dieses Phänomen ist auch aus anderen Organen bekannt und wird als "Entzündungsaltern" (InflammAging) bezeichnet. „Um diesen Prozess besser zu verstehen, möchte unsere Forschungsgruppe bei alten Mäusen das Netzwerk der Zytokine zwischen Gliazellen, Neuronen und dem Immunsystem detailliert untersuchen. Unsere Vision ist, mit dem Wissen möglicherweise störende Zytokine bei älteren Menschen zu blockieren und somit Störungen des Nervensystems bekämpfen zu können“.
Mit ihrem Forschungsansatz knüpfen sie an eine jüngst veröffentlichte Studie in der Fachzeitschrift Aging Cell der Forschungsgruppe Morrison an. Die Forscher untersuchten die Regeneration und den Erhalt peripherer Nerven im Zusammenhang mit dem Alter. Sie fanden heraus, dass sich Nerven im Alter nicht mehr so gut regenerieren können und mit dem Alter vermehrt Makrophagen, sogenannte Entzündungszellen, eingelagert werden, die schlussendlich zu einer Dauerentzündung führen.
Bei diesem latent entzündlichen Prozess werden vermehrt proinflammatorische Zytokine ausgeschüttet, die zu chronischen Erkrankungen bei älteren Menschen führen. Es wurden zwei Zytokine identifiziert, die in alten Nerven hochreguliert und maßgeblich an der Entzündung beteiligt waren: das Zytokin CCL 2 und CCL 11. Ein Hinweis darauf, dass die neu gefundenen Zytokine im Zusammenhang mit Alterns- und Regenerationsprozessen stehen.
„Mit dem Preis erhalten wir als zukünftige Mediziner nun die Möglichkeit, mehr über die Kommunikation der verschiedenen Zellen beim Altern des Nervensystems zu erfahren“, freuen sich die beiden Preisträger. Mit dem „Preisgeld“ in Form von bereitgestellten Reagenzien können die jungen Wissenschaftler untersuchen, welche Zytokine einen Einfluss auf die Regenerationsfähigkeit und den Erhalt von Nervenzellen haben und wie man vielleicht zukünftig die Nervenregeneration im Alter verbessern kann.
Ergänzende Publikation
Inflammaging impairs peripheral nerve maintenance and regeneration. Büttner R, Schulz A, Reuter M, Akula AK, Mindos T, Carlstedt A, Riecken LB, Baader SL, Bauer R, Morrison H. Aging Cell 2018, e12833. doi: 10.1111/acel.12833.
Kontakt
Dr. Kerstin Wagner
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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