Seit 1951 treffen sich im Wechsel die Nobelpreisträger für Physiologie oder Medizin, Physik und Chemie einmal jährlich in Lindau am Bodensee zu einem internationalen Forum und stehen für die nächste Generation von exzellenten Wissenschaftlern als „Mentor und Vorbild“ zur Verfügung. Das 63. Lindau Nobel Laureate Meeting widmet sich in diesem Jahr der Chemie. Die zahlreichen Vorträge, Podiumsdiskussionen, Master Classes und verschiedenen Rahmenveranstaltungen zeigen die breite Palette der Forschungsfelder auf diesem Gebiet; Hauptschwerpunkte sind die Grüne Chemie, die Speicherung und Umwandlung chemischer Energie sowie biochemische Prozesse und Strukturen.
Die Lindauer Tagungen sind im Gegensatz zu regulären wissenschaftlichen Konferenzen geprägt von einer ungezwungenen Atmosphäre und bieten den jungen Wissenschaftlern aus aller Welt eine einzigartige Gelegenheit, um mit Gleichgesinnten ihre Begeisterung für die Wissenschaft zu teilen, Ideen auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen. Für das vom 30. Juni bis 5. Juli 2013 stattfindende 63. Lindau Nobel Laureate Meeting werden 35 Nobelpreisträger der Chemie erwartet. Unter den 600 teilnehmenden Nachwuchswissenschaftlern aus 78 Ländern ist auch ein Jenaer, der sich aufgrund seines interessanten fachlichen und persönlichen Hintergrunds in einem Auswahlprozess erfolgreich gegen mehrere Tausend Bewerber durchgesetzt hat; Dr. Sven Dahms vom Leibniz-Institut für Altersforschung - Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena.
Der Jenaer Sven Dahms ist Postdoc in der Arbeitsgruppe von Dr. Manuel Than (Proteinkristallographie) und einer von sieben jungen Leibniz-Forschern, die mit zu dem internationalen Treffen der Chemiker fahren dürfen. Dahms promovierte zu Studien der Struktur-Funktions-Beziehung des bei der neurodegenerativen Alzheimerschen Erkrankung zentralen Amyloid-Vorläuferproteins (APP) und erforscht aktuell die Struktur und Funktion einer speziellen Klasse von Serin-Proteasen, den Proprotein-Convertasen (PCs), die in Eukaryoten, also Zellen mit einem Zellkern, benötigt werden, um eine Vielzahl von Proteinen und Peptiden zu aktivieren.
Die Spaltung durch Proprotein-Convertasen ist speziell für die Aktivierung von Faktoren, die auch bei der Krebsentstehung und Metastasierung beteiligt sind, notwendig. Zudem nutzen einige Viren, wie z.B. Influenza, Ebola und HIV, die PCs ihrer Wirte für die Aktivierung von Virus-Oberflächenproteinen und damit für ihre eigene Vermehrung aus. Auch bakterielle Giftstoffe, wie z.B. das Diphtherie-Toxin oder das Toxin des EHEC-Erregers, entfalten ihre Toxizität erst durch eine entsprechende PC-Spaltung. Inhibitoren für Proprotein-Convertasen sind somit als Wirkstoffe in der Krebstherapie als auch für die Bekämpfung bislang nicht behandelbarer Virusinfektionen sowie vieler bakterieller Infektionen von besonderer Bedeutung und stellen somit hochinteressante pharmakologische Zielmoleküle für die Medikamentenentwicklung dar. „Meine Forschung am FLI konzentriert sich somit nicht nur auf die Struktur- und Funktionsaufklärung dieser besonders wichtigen Klasse von Serin-Proteasen, sondern auch auf die Möglichkeit, über einen Struktur-basierten Ansatz, Inhibitoren für PCs entwickeln zu können,“ berichtet Dahms.
Die Verleihung des Nobelpreises für Chemie an Robert J. Lefkowitz und Brian K. Kobilka 2012 für deren Studien an "G-Protein-gekoppelten Rezeptoren" hat das Potential der Struktur-basierten Wirkstoff-Designs eindrucksvoll untermauert. Hierbei zeigte sich, wie wichtig molekulare Details über die Wechselwirkung dieser Rezeptoren mit Wirkstoffen sind, um z.B. wirksamere Arzneimittel mit weniger Nebenwirkungen entwickeln zu können. Dieser Ansatz ist sehr interdisziplinär und überschreitet die Grenzen von Chemie, Biochemie und Medizin. „Aus diesem Grund freue ich mich sehr darauf, auf der Nobelpreisträger-Tagung mit anderen Wissenschaftlern und besonders mit den Nobelpreisträgern in Kontakt zu kommen und neue Entwicklungen auf diesem Gebiet zu diskutieren und von ihren Erfahrungen zu lernen“, so Dahms weiter.
Kontakt
Dr. Kerstin Wagner
Leibniz-Institut für Altersforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI)
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