Jena. 25 Jahre im Dienst der Forschung sind nichts Ungewöhnliches, 25 Jahre im Dienst eines einzigen Forschungsinstituts hingegen schon. Dr. Karol Szafranski hat dieses Jubiläum am Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) erreicht und blickt gern auf seine berufliche Laufbahn zurück.
Aufgewachsen ist der 54-Jährige in Schleswig-Holstein. Nach seinem Biologiestudium mit Schwerpunkt Botanik in Düsseldorf kam er 1998 nach Jena, um an der Universität und am FLI bei Prof. André Rosenthal zu promovieren. Das FLI, welches damals noch IMB (Institut für Molekulare Biotechnologie) hieß, nahm am sog. Humangenomprojekt teil. „Jena hat zu dieser Zeit den größten deutschen Beitrag zum Genomprojekt geleistet. Das ist vielleicht gar nicht mehr so gegenwärtig“, erzählt Szafranski und ergänzt: „Das Humangenomprojekt und das Mausgenomprojekt haben heutige Projekte erst möglich gemacht.“ Der damalige Doktorand gehörte zu der Gruppe, die das Genom des Schleimpilzes Dictyostelium discoideum entschlüsselt hat. Dieser Einzeller (soziale Amöbe) ist Modellorganismus für zelluläre Bewegung, die in einem vielzelligen Verbund mündet.
Nach seiner Promotion arbeitete der Biologe weiter am Institut bei PD Dr. Matthias Platzer im Projekt Jena Centre for Bioinformatics (JCB), ein Austauschnetzwerk für verschiedene Forschungsgruppen in Jena. „Unser Schwerpunkt bis 2004 war die Genregulation über Promotoren“, erzählt Szafranski.
Anschließend ging der Postdoktorand für ein knappes Jahr zum „Center for Bioinformatics“ der University of Pennsylvania in Philadelphia. Dort befasste er sich mit der Erkennung von Micro-RNAs im Genom. „Das war eine aufregende Zeit, um den akademischen Geist von Amerika aufzusaugen. Gleichwohl war es für mich keine Option, längere Zeit zu bleiben“, sagt Dr. Karol Szafranski.
2005 kehrte der Wissenschaftler zurück nach Jena in die Forschungsgruppe Platzer, nur das Institut hieß nun Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI). Die Gruppe arbeitete zu dieser Zeit im Nationalen Genomforschungsnetz (NGFN) mit, einem groß angelegten biomedizinischen Forschungsprogramm, das auf dem Humangenomprojekt aufbaute. „Eine Technologie, die unsere Arbeit markant verändert hat, war die Next-Generation-Sequenzierung, die etwa 2009 am FLI Einzug hielt“, berichtet Szafranski. Diese Technologie liefert kostengünstig umfangreiche Sequenzinformation aus biologischen Proben und prägt damit bis heute die molekulargenetische Forschung.
Es folgte ein Forschungsprojekt zur Identifikation molekularer Netzwerke, die für ein langes und gesundes Leben verantwortlich sind. Dieses wurde von der Leibniz-Gemeinschaft gefördert und befasste sich - in Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) Berlin - mit Nacktmullen (Heterocephalus glaber), einem langlebigen Tiermodell.
Die etwa mausgroßen Nagetiere verfügen nicht nur über eine extrem lange Lebens- sondern auch eine außergewöhnlich lange Gesundheitsspanne, da sie nicht unter altersbedingten Krankheiten leiden.
In einem zweiten, darauf aufbauenden DFG-Projekt konnte bei verwandten Graumullen festgestellt werden, dass die Langlebigkeit auch mit dem Familienstatus des einzelnen Tieres zusammenhängt. Die Mull-Arten, die unter der Erde in ostafrikanischen Halbwüsten leben, haben erstaunliche Strategien für ein langes, gesundes Altern entwickelt. „Eine langsame Entwicklung, Genügsamkeit (Stichwort: Diätrestriktion) und wenig Stress sorgen für ein längeres Leben“, fasst Szafranski die Erkenntnisse zusammen. Wenn er über diese seltsamen Säugetiere berichtet, gerät er beinahe ins Schwärmen: „Diese Forschungsprojekte haben mir viel Spaß gemacht, insbesondere durch die enge Arbeit mit den Kooperationspartnern und den Doktoranden vor Ort. Forschungsziele und -ergebnisse waren sehr leicht einem breiten Publikum zu vermitteln.“
Gefragt nach dem Höhepunkt in seiner bisherigen Karriere, nennt der Biologe den Aufgabenwechsel vom Forscher zum Core-Facility-Manager vor einigen Jahren. „Das war ein einschneidender Schritt, den ich nie bereut habe“, so Szafranski. Zunächst war er Manager der Technik- und Serviceeinrichtung (Core Facility, kurz CF) „Bioinformatics“, zu der später die „Scientific IT“ hinzukam und die fortan in der CF „Life Science Computing“ aufging. Die Serviceeinrichtung unterstützt die FLI-Wissenschaftler, wenn die Analyse experimenteller Daten komplexe Algorithmen, fortgeschrittene Statistiken oder eine hohe Rechenleistung für die Verarbeitung erfordert. Hauptaugenmerk liegt auf der Auswertung von Sequenzdaten, die durch Arbeiten anderer Core Facilities (CF Next Generation Sequencing, CF Proteomics oder CF Functional Genomics) erzeugt werden. Ein sehr herausforderndes Projekt sei die Einführung eines Elektronischen Laborbuchs gewesen, fasst der CF-Manager die Arbeit seines Teams zusammen. Ähnlich bedeutsam war der Aufbau eines HSM-Systems (Hierarchical Storage Management) für langfristige Datenspeicherung.
Er sei überrascht gewesen, wie viele Aspekte bei der Position als CF-Manager zur Wissenschaftlertätigkeit dazu gekommen seien. Das hatte er so nicht erwartet: die Arbeit mit einem festen Team, dadurch größere (Personal-)Verantwortung, aber auch viel gestalterischer Freiraum gehören etwa dazu. Durch seine zeitweise Mitarbeit im Betriebsrat und seine Tätigkeit als Vertrauensperson seien weitere Facetten auf menschlicher Ebene hinzugekommen, die ihm Freude bereiten. Der Austausch mit allen Kollegen sei ihm sehr wichtig.
Seine Erkenntnis aus den vielfältigen Projekten mit verschiedenen Forschungsgruppen: Je genauer ein Ziel definiert wird, desto leichter können die angebotenen Analysen zu Forschungsfortschritten beitragen. Projektbesprechungen sind daher ein Schlüssel in der Tätigkeit. „Aus meiner eigenen Laborzeit weiß ich, dass hinter den experimentellen Daten mühselige Arbeit steckt. Ich hoffe, die CF-Nutzer spüren unsere Wertschätzung für die ‚Trauben‘, die sie uns zur Veredelung anvertrauen“, meint Karol Szafranski.
In den ersten Jahren der Core Facility-Arbeit habe es an der Zeit gefehlt, eigene Forschungsideen zu verfolgen. Mit der Einstellung eines neuen Kollegen in seinem Team sei dies nun in greifbare Nähe gerückt. „Bioinformatische Methodenentwicklung wird verdichtet, systematisch vorangetrieben und erprobt, so dass auch eigenständige wissenschaftliche Publikationen absehbar werden“, schließt Szafranski.
In der Freizeit sucht Dr. Szafranski Ausgleich in Beschäftigungen, bei denen man den Kopf abschalten kann, wie dem wöchentlichen Hobbytanzkurs oder der Pflege der Balkonpflanzen: “In diesem Jahr ziehe ich beispielsweise zwei Chili-Sorten für die Küche an.”
Wir bedanken uns herzlich bei Dr. Karol Szafranski für die am FLI geleistete Arbeit und wünschen alles Gute und viel Erfolg bei der Umsetzung aller Projekte, die noch auf ihn und sein Team zukommen werden.