Jena. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat am 29. Dezember 2017 erneut aktuelle Tierversuchszahlen veröffentlicht. Demnach ist die Anzahl der genutzten Versuchstiere im Jahr 2016 im Vergleich zum Vorjahr um 1,9 Prozent gestiegen, liegt mit nun 2.854.586 Tieren jedoch immer noch deutlich unter dem Wert von 2014 (3.313.898). In diese Zählung eingeschlossen sind Tiere, die in Tierversuchen verwendet wurden, ebenso wie Tiere, die zu wissenschaftlichen Zwecken, also zum Beispiel zur Gewinnung von Zellen für Zellkulturen getötet wurden. Der Anteil der Grundlagenforschung ist im Vergleich zu 2015 weiter deutlich gesunken, von 59 auf 53 Prozent aller Tierversuche. Damit setzt sich der rückläufige Trend der vergangenen vier Jahre weiter fort.
Tierversuchszahlen werden auch am Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) sehr ernstgenommen. Obwohl die Durchführung von Tierversuchen für die Erforschung der Ursachen alternsassoziierter Erkrankungen unverzichtbar ist, versuchen unsere Forscher und Tierschutzbeauftragten, die Zahl der zu Forschungszwecken verwendeten Mäuse und Fische ständig zu reduzieren. Sie folgen damit dem sogenannten „3R-Prinzip“, mit dem sich wissenschaftliche Einrichtungen zu „Replace“ (Vermeiden), „Reduce“ (Verringern) und „Refine“ (Verbessern) verpflichten. Um die Tierhaltung für die Tiere bestmöglich zu gestalten, werden die Haltungsbedingungen am FLI immer weiter optimiert („Refine“); so werden z.B. Käfige mit weniger Tieren besetzt als erlaubt. Zudem werden die Haltungssysteme so natürlich ausgestaltet, wie es unter Laborbedingungen möglich ist. Für Mäuse heißt das beispielsweise, dass sie verschiedene Naturmaterialien zur Polsterung ihrer Nester erhalten. Um die Anzahl der benötigten Tiere so gering wie möglich zu halten („Reduce“), werden linienspezifische Zuchtschemata verwendet, die verhindern, dass zu viele Tiere gezüchtet werden. Durch den Einsatz bioinformatischer Methoden bei der Planung von Tierversuchen werden bereits vorhandene Daten analysiert und so die minimal notwendige Anzahl an Versuchstieren ermittelt. Mittels Alternativmethoden wie der Verwendung von Zellkulturen lassen sich Tierversuche teilweise ersetzen („Replace“). Und durch den Ausbau der Systembiologie und weltweit zugängliche Daten können Vergleiche zwischen unterschiedlichen Spezies mittlerweile oft auf Basis mathematischer und statistischer Analysen durchgeführt werden. Das FLI konnte durch die Neueinrichtung der Forschungsgruppe „Bioinformatik für Alterungsprozesse“ Ende 2017 einen neuen Schwerpunkt in diesem Bereich setzen. Dass das 3R-Prinzip in der gesamten deutschen Forschungslandschaft greift, zeigen auch die aktuellen BMEL-Zahlen: Der Anteil an mittel und schwer belastenden Versuchen ist im Vergleich zum Vorjahr weiter zurückgegangen. Mittlerweile werden 61 Prozent (2015: 59 Prozent) aller Versuche als geringe Belastung für die Tiere eingestuft.
Das FLI betreibt Grundlagenforschung zum biologischen Prozess des Alterns und zur Entstehung alternsbedingter Erkrankungen wie Krebs oder Alzheimer. Dafür führt das Institut auch Tierversuche an Mäusen, Fischen, Fliegen und Würmern durch. Tierversuche erfolgen nur dann, wenn es unvermeidlich ist. Dies ist der Fall, wenn die Ergebnisse durch keine andere Methode – etwa Zellkulturen oder Computermodelle – gewonnen werden können. Derzeit (Stand: 31. Dezember 2017) leben am Fritz-Lipmann-Institut 12.325 Mäuse und 12.975 Fische.
Weiterführende Informationen
Das FLI unterstützt die Initiative „Tierversuche verstehen“ der Allianz der Wissenschaftsorganisationen Deutschland. Weiterführende Informationen zu Tierversuchszahlen, Hintergrundberichte und Interviews finden sich unter https://www.tierversuche-verstehen.de/.
Kontakt
Dr. Evelyn Kästner, Leiterin Kommunikation, Pressesprecherin
Tel.: 03641-656373, E-Mail: presse@leibniz-fli.de
Hintergrundinformation
Das Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena widmet sich seit 2004 der biomedizinischen Alternsforschung. Über 330 Mitarbeiter aus 30 Nationen forschen zu molekularen Mechanismen von Alternsprozessen und alternsbedingten Krankheiten. Näheres unter www.leibniz-fli.de.
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 91 selbständige Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen – u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 18.600 Personen, darunter 9.500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,7 Milliarden Euro (www.leibniz-gemeinschaft.de).