Jena. Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena ist in internationaler Zusammenarbeit ein wichtiger Durchbruch für die Forschung mit Killifischen gelungen. Sie identifizierten ein Gen, das bei Nothobranchius furzeri das männliche Geschlecht bestimmt. Es handelt sich um eine Y-chromosomale Version des Gens gdf6 (gdf6Y). Die Studie mit dem Titel “The master male sex determinant Gdf6Y of the turquoise killifish arose through allelic neofunctionalization” wurde jetzt im renommierten Journal Nature Communications veröffentlicht. Erstautorin der Studie ist Dr. Annekatrin Richter aus der Forschungsgruppe Englert.
Der afrikanische türkise Killifisch Nothobranchius furzeri ist aufgrund seiner kurzen Lebensspanne ein attraktiver Modellorganismus, insbesondere für die Alternsforschung. Vor einigen Jahren konnten die Jenaer Wissenschaftler bereits die geschlechtsbestimmende Region identifizieren. Nunmehr konnten sie eindeutig nachweisen, dass explizit das gdf6Y Gen in bestimmten Zellen der sich entwickelnden Hoden exprimiert wird und das männliche Geschlecht auslöst – und das unabhängig von den Keimzellen. Diese Entdeckung ist besonders bemerkenswert, weil sie sich von der bekannten Geschlechtsbestimmung in anderen Fischarten wie Zebrafischen und Medakas unterscheidet, bei denen die Keimzellen eine entscheidende Rolle spielen. Die Jenaer identifizierten außerdem mehrere Gene, die als neue Zielstrukturen in der Signalübertragung des Gdf6 Faktors fungieren, was die wissenschaftlichen Kenntnisse zur molekularen Basis der Geschlechtsbestimmung erweitert.
„Die genetische Geschlechtsbestimmung durch gdf6Y stellt sicher, dass Weibchen und Männchen immer zu gleichen Teilen im Lebensraum vorhanden sind, und zwar unabhängig von den Umweltbedingungen.“, sagt Dr. Annekatrin Richter. Das ist für das Überleben der Art von Bedeutung, da sich der türkise Killifisch nur während der Regenzeit in saisonalen Tümpeln fortpflanzen kann.
Durch Ausschalten des Gens entstanden in Versuchen ausschließlich weibliche Tiere, die "Phenofemales" getauft wurden. Sie sind vollständig fruchtbar und können sich fortpflanzen. Im Gegenversuch, bei dem das gdf6Y Gen in Weibchen übertragen wurde, entwickelten sich Männchen. “Sie sehen aus wie Männchen, sie verhalten sich wie Männchen. Sie sind allerdings nicht fortpflanzungsfähig”, erläutert Forschungsgruppenleiter Prof. Dr. Christoph Englert. Der Grund für die nicht vollständige Geschlechtsumkehr könnte hier allerdings experimentell bedingt sein, weil in den genetisch modifizierten Tieren nicht in allen Zellen gdf6Y aktiv ist.
Schon einmal hat seine Forschungsgruppe mit dem Ausschalten eines Gens für Aufsehen gesorgt. Im vergangenen Jahr hatte Dr. Johannes Krug unter Verwendung der CRISPR/Cas9-Technologie einen transparenten Killifisch, Klara, entwickelt. Damit ist es Wissenschaftlern, die mit diesem Modellorganismus arbeiten, nunmehr möglich, altersbedingte Prozesse in lebenden Organismen in Echtzeit zu beobachten.
Publikation: https://www.nature.com/articles/s41467-025-55899-7